Phrygische Mütze für eine stolze Frau
Ausland aktuell – Frankreich. – Philatelie-Digital 5-2018
Es geht nur um Post, nur ums Briefe freimachen und verschicken. Nur? Mit einem neuen Staatspräsidenten, dessen Machtfülle in Europas Nationalstaaten unvergleichlich groß ist, wird gleichsam einem Staatsakt eine neue Dauerserie kreiert und vorgestellt. Wo? Einmal mehr In Frankreich und seiner 5. Republik. Ein unnachahmlicher und wie gesagt, unvergleichlicher Vorgang. Erhebend, beeindruckend, werden manche sagen.
Philatelistisch betrachtet, ist das Ergebnis von anderem Kaliber. Geht man im Vergleich zum deutschen BDPh von einem ungleich weniger krisenbehafteten Sammlerverband „überm Rhein“ aus, der vor dreißig Jahren 25.000 Mitglieder zählte, heute davon wahrscheinlich noch die Hälfte, und dessen populärste Briefmarkenmesse an vier Tagen regelmäßig von 12-15.000 Sammlern besucht wird (Mehrmal-Eintritte unberücksichtigt), so erscheint die ganze „staatsatmosphärische“ Aufladung einer neuen Dauerserie in Frankreich in einem eigenen Licht, d.h., von der Nutzung der Marken in einem völlig losgelösten auratischem Zweck. Briefmarkensammler, deren öffentliche Köpfe – nichts als Staffage.
Anderererseits und das gehört bei einer Betrachtung von allernormalsten Marken – Dauermarken – unbedingt dazu, bietet die Markenrealität in Frankreich ja ein vergleichsweise kurioses Bild: Es gibt wohl kein Land in Europa, wo trotz massivster Postautomatisierung so viele Neuheiten so viel für die Freimachung von Briefpost benutzt werden. Die Plattform Delcampe zeigt es, es gibt dort je Markenjahrgang Tausende von normalen Frankatur-Belege-Positonen. Der Franzose nutzt tatsächlich Marken inflationär! Gut! Aber er nutzt, darin ein überscharfes Licht auf eine in den meisten EU-Staaten gängige Praxis werfend, überwiegend selbstklebendes buntes Sondermarkenpapier. Die eigentlichen naßklebenden Sondermarken haben regelmäßig nur noch Verkaufsauflagen zwischen 200 und 800.000 Stück (bei 67 Mio. Einw.; D: 83 Mio.), Blocks sinken unter die 100.000er Auflage.
Eine Zäsur ohne bislang abschätzbare Folgen brachte die 2016 erfolgte Posttarif- bzw. Freimachungsreform. Sie zwängt einzig und allein Freimarken in ein enges Gebrauchskorsett. Doch vor allem bei Briefpost über „Standard“ hinaus treten die in großer Neuheitenzahl ausgegebenen hochnennwertigen, meist naßklebenden Sondermarken in Konkurrenz zur Dauermarkennutzung. Davon kann eine in Europa nur noch von Großbritannien übertrumpfte Produktion von Dauermarken in Heftchenform nicht ablenken. Man könnte sagen: Frankreichs Neuheitenrealität ist wegen der Populationsgröße des Landes ein Versuchsfeld für das , was mit der Briefmarke im zweiten Jahrzehnt dieses Jahrtausends geschieht. Hier könnte entschieden werden, wie es mit der Briefmarke als einem von vielen Portobezahlmitteln weitergeht, Pessimisten würden sagen: zu Ende geht. Eines ist bezogen auf Frankreich ziemlich klar: Präsidiale Aufwertung der Dauermarke hat anno 2018 mit deren Implantation im täglichen Postalltag nur noch sehr bedingt etwas zu tun!
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